Materialgemeinkosten
Nicht nur Buchhalter kommen in ihrem geschäftlichen Alltag regelmäßig mit den sogenannten Materialgemeinkosten in Kontakt. Die entsprechenden Werte, und unter anderem auch die Formel, die es braucht, um besagte Materialgemeinkosten individuell festzulegen, werden unter anderem auch von betrieblichen Entscheidungsträgern genutzt. So kannst du beispielsweise die wirtschaftliche Situation besser einschätzen oder weitere Schritte bzw. Investitionen planen.
Um hier jedoch exakt arbeiten zu können, ist es wichtig, über ein entsprechendes Hintergrundwissen zu verfügen und beispielsweise auch die Materialgemeinkosten von den Materialeinzelkosten abgrenzen zu können. Anhand der klassischen Beispiele, die im Zusammenhang mit den Materialgemeinkosten immer wieder zum Tragen kommen, wird schnell ersichtlich, weswegen eine akribische Dokumentation extrem wichtig ist, um letzten Endes auch ökonomisch vertretbare Entscheidungen fällen zu können.
Definition – was sind Materialgemeinkosten?
Materialgemeinkosten werden im geschäftlichen Alltag oft mit „MGK“ abgekürzt. Grundlegend gilt, dass es sich hierbei um eine besondere Kostenart handelt, bei der es nicht möglich ist, die jeweiligen Summen einem bestimmten Produkt zuzuordnen.
Diese Kostenart wird dann wiederum über eine Formel, in deren Zusammenhang die sogenannten Materialgemeinkostenzuschlagssätze ermittelt werden, auf die verschiedenen Produktgruppen verteilt. Somit ist es für ein Unternehmen einfach, herauszufinden, wie viel Material benötigt wird, um ein bestimmtes Produkt herzustellen. Oder anders: die Frage danach, wie rentabel die eigene Produktion ist, kann noch besser beantwortet werden.
Gleichzeitig zeigt sich anhand der Materialgemeinkosten auch oft ein entsprechender Optimierungsbedarf. Erweisen sich die MGK als zu hoch, kann beispielsweise durch Veränderungen im Ablauf gegengesteuert werden.
Kostenrechnung und Materialgemeinkosten – eine wichtige Verbindung
Ein Begriff, welcher im Zuge der Materialgemeinkosten immer wieder genannt wird, ist die sogenannte Kostenrechnung. Hierbei handelt es sich um einen wichtigen Teilbereich der BWL, in dessen Zusammenhang die Materialeinzelkosten mit den Materialgemeinkosten addiert werden. Somit ist es dann wiederrum möglich, die Materialkosten, die mit einem bestimmten Produkt in Verbindung stehen, zu errechnen. Manchmal wird besagte Kostenrechnung unter anderem auch als “Kosten- und Leistungsrechnung” oder als „Kosten- und Erlösrechnung“ bezeichnet.
Der Materialgemeinkostenzuschlag und seine gesetzlichen Grundlagen
Die Höhe des Materialgemeinkostenzuschlags ist selbstverständlich auch gesetzlich verankert. Die entsprechenden Regelungen finden sich im § 255 Abs. 2 Satz 2 des HGB wieder.
Unter anderem wird hier beispielsweise auch festgelegt, dass kalkulierten Materialgemeinkosten selbstverständlich angemessen sein müssen. Eine weitere gesetzliche Vorgabe besagt in diesem Zusammenhang, dass besagte Materialgemeinkosten immer mit Hinblick auf die Bilanz berücksichtigt werden müssen.
Entsprechende Regelungen sind ebenfalls im HGB im Zusammenhang mit den Materialeinzelkosten verankert.
Formel zur Materialgemeinkostenberechnung
Die Materialkosten, die dazu dienen, herauszufinden, welche Kosten mit der Produktion verschiedener Produkte verbunden sind, setzen sich aus den Materialeinzelkosten und den besagten Materialgemeinkosten zusammen.
Um die Formel, die zur Berechnung der Materialkosten nötig ist, zu verstehen, ist es im ersten Schritt wichtig, die Materialgemeinkosten von den Materialeinzelkosten zu unterscheiden.
Hierbei gilt: mit dem Begriff der Materialeinzelkosten wird das Material, welches zur Herstellung eines bestimmten Artikels nötig ist, zusammengefasst. Als klassisches Beispiel dienen hier die Rohstoffe. Als charakteristisch im Zusammenhang mit den Materialeinzelkosten gilt hierbei außerdem die Tatsache, dass diese genau zugeordnet werden können.
Um zu dokumentieren, welche Menge an Rohstoffen in ein Produkt fließt und wie hoch die entsprechenden Materialeinzelkosten sind, wird über Kostenstellen gearbeitet. Jedoch fallen nicht nur besagte Rohstoffe in die Kategorie der Materialeinzelkosten. Auch viele Hilfsstoffe werden hier zugeordnet.
Im Gegensatz zu den Materialeinzelkosten lassen sich die Materialgemeinkosten nicht direkt mit einem bestimmten Produkt in Verbindung bringen. Hilfsstoffe, die sich nicht exakt zuordnen lassen, fallen, ebenso wie Betriebsstoffe, in diese Kategorie. Als typisches Beispiel für Materialgemeinkosten gilt Strom.
Um die Materialkosten zu berechnen, werden die Materialeinzelkosten und die Materialgemeinkosten addiert. Wie hoch der Prozentsatz für den entsprechenden Aufschlag sein sollte, geht unter anderem aus dem Betriebsabrechnungsbogen hervor.
Kurz: Herstellungskosten als ein Teil der Materialgemeinkosten
Mit Hilfe der Herstellungskosten können Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter bewertet werden. Besagte Herstellungskosten setzen sich aus…:
- den Materialkosten
- den Fertigungskosten
- etwaigen Sonderkosten
zusammen. Im Gegensatz zu Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten und dem Wertverzehr der Anlagen, der im Zusammenhang mit der Fertigung steht, können Kosten, die beispielsweise im Zuge der allgemeinen Verwaltung, freiwilligen sozialen Leistungen und ähnlichen Bereichen entstehen, nicht als klassische Herstellungskosten berücksichtigt werden. Auch Vertriebskosten sind von den Herstellungskosten ausgeschlossen.
Als Summe der oben genannten Kostengruppen (Materialkosten, Fertigungskosten, Sonderkosten) kann anhand der Herstellungskosten abgelesen werden, wie teuer es sich für ein Unternehmen gestaltet, Produkt X herzustellen. Hierauf basierend kann dann ein wirtschaftlich vertretbarer Verkaufspreis festgelegt werden.
Alle wichtigen Einzelheiten hierzu werden über das Handelsgesetzbuch geregelt.
Klassische Beispiele für Materialgemeinkosten
Egal, ob kleiner oder größerer Betrieb: die Liste an Materialgemeinkosten ist lang. Dennoch ist eine genaue Kategorisierung auch vor dem Hintergrund einer aktuellen Kostenkalkulation extrem wichtig. Somit ist es am Ende möglich, den exakten Materialkosteneinsatz festzustellen und nachzuhalten.
Zu den klassischen Beispielen für Materialkosten zählen unter anderem:
- Gehälter und Löhne (teilweise, Gegenbeispiel s. u.)
- Mieten für Lagerräume oder zusätzliche Büros
- Kosten, die im Zusammenhang mit dem Einkauf von Materialien entstehen
- Transport- und Logistikkosten (bezogen auf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe)
- Abschreibungen mit Hinblick auf Lagereinrichtungen
- etwaige Reparaturen im Lager
- Kosten für Versicherungen des Lagers
- Lagerverluste (unter anderem Schwund)
- Materialprüfkosten (zum Beispiel in Form von Abnahmeprüfkosten)
- Heizkosten
- Kosten für Strom
- Abschreibungen von Gegenständen und Gebäuden
Bei genauer Hinsicht fällt auf, dass all diese Kostenarten durch einen wichtigen Faktor miteinander verbunden werden: sie sind für die Herstellung der Produkte eines Unternehmens notwendig, können diesen bzw. einem entsprechenden Kostenträger jedoch nicht exakt zugeordnet werden. Ein Gegenbeispiel: ein Hersteller von Fahrrädern weiß genau, wie hoch die Kosten sind, die für das Gummi in den Reifen anfallen. Die Miete für Lagerräume wird jedoch unabhängig von der Anzahl der jeweils hergestellten Produkte fällig und muss “gerecht” auf die verschiedenen Enderzeugnisse aufgeteilt werden.
Personalkosten als Besonderheit – Materialgemein- oder Materialeinzelkosten?
Mit Hinblick auf Personalkosten gilt, dass diese sowohl als Materialeinzelkosten als auch als Materialgemeinkosten angesehen werden können.
Sollte ein Mitarbeiter in der Produktion beispielsweise damit beauftragt sein, eine bestimmte Schraube an dem jeweiligen Endprodukt zu fixieren, kann sein Lohn bzw. Gehalt den Materialeinzelkosten zugeordnet werden. Immerhin ist hier klar, für welchen Arbeitsschritt er bezahlt wird.
Anders verhält es sich bei einem Mitarbeiter, der in der Buchhaltung oder im Verkauf arbeitet. Dessen Aufgabenbereich beschränkt sich nicht auf eine Tätigkeit, die ausschließlich mit einem bestimmten Produkt in Verbindung zu bringen wäre. Das Gehalt dieses Mitarbeiters fällt damit in die Kategorie der Materialgemeinkosten.
Wie kannst du den Materialgemeinkostenzuschlag berechnen?
Die rechnerische Vorgehensweise, die erforderlich ist, um den Materialgemeinkostenzuschlag herauszufinden, unterscheidet sich nicht grundlegend von der Formel, die im Zusammenhang mit der Berechnung der Gesamtmaterialkosten angewendet wird.
Um die Höhe des Materialgemeinkostenzuschlages zu berechnen, ist es erforderlich, die Materialgemeinkosten zu einem Bezugsgrößenwert ins Verhältnis zu setzen. In der Regel werden hier die Materialeinzelkosten als Bezugsgrößenwert verwendet. Je nach individuellen Voraussetzungen kann es jedoch auch sein, dass sich ein anderer Referenzwert anbietet.
Manchmal muss mit Hinblick auf die entsprechenden Zuschläge auch noch weiter aufgesplittet werden, um eine bessere Übersicht zu erhalten.
Wichtige Hinweise für Existenzgründer
Gerade dann, wenn ein Unternehmen noch nicht lange am Markt agiert, kann es schwer sein, die Tragweite der Materialgemeinkosten korrekt einzuschätzen. Als klassischer “Anfängerfehler” gilt es hierbei, mit Hinblick auf die Berechnung der Materialkosten bzw. die Materialgemeinkosten lediglich die Herstellungskosten und nicht die Höhe der Selbstkosten zu berücksichtigen.
Letztere setzen sich unter anderem aus den oben erwähnten Verwaltungskosten und den entsprechenden Löhnen für die Mitarbeiter zusammen. Um die Tragweite der jeweiligen Summen ein wenig besser einschätzen zu können, ist es unter anderem wichtig, den “Blick über den Tellerrand” zu wagen. Denn: selbstverständlich müssen auch die Gehälter, die zur letztendlichen Vermarktung des betreffenden Produktes nötig sind, berücksichtigt werden, wenn es darum geht, die Materialgemeinkosten genau zu bestimmen.
Der Sinn hinter diesem administrativen Aufwand? Unter anderem die Möglichkeit, die Preise für die einzelnen Produkte besser bzw. wirtschaftlicher festlegen zu können.
Besonders kurz nach einer Unternehmensgründung ist die Gefahr immerhin besonders hoch, dass die Preise für die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu niedrig angesetzt werden und sich der Start damit unnötig erschwert. Mit Hilfe einer akribischen Kalkulation kann so die jeweilige Preisuntergrenze ermittelt werden. Als Grundregel gilt hierbei, dass durch den Verkauf natürlich die Selbstkosten gedeckt werden müssen. Was logisch klingt, wird leider ohne eine exakte Berechnung der Materialgemeinkosten bzw. der Materialkosten schnell vernachlässigt. Nur wenig ist ärgerlicher, als nach monatelangem Wirtschaften erkennen zu müssen, dass Preise falsch kalkuliert und damit falsch gehaushaltet wurde.
Fazit
Wer Materialgemeinkosten schnell als solche identifizieren möchte, sollte sich mit Hinblick auf die entsprechenden Posten die folgenden Fragen stellen:
- Stehen die Kosten in Verbindung zum jeweiligen Produkt, für welches die Kalkulation erstellt werden soll?
- 2. Können die Kosten dem jeweiligen Produkt –zum Beispiel mit Hilfe einer Kostenstelle bzw. einem Kostenträger- ganz genau zugeordnet werden? (Falls nicht, handelt es sich um Gemeinkosten. Diese müssen dann im zweiten Schritt weiter auf die verschiedenen Erzeugnisse aufgeteilt werden. Wie die Verteilung hierbei schlussendlich ausfällt, ist von der Höhe der Materialgemeinkostenzuschlagssätze abhängig.)