Du bist Onlinehändler und verkaufst Waren an Privatkunden in anderen EU-Ländern? Oder erbringst du als Unternehmer Dienstleistungen an Endverbraucher in anderen Mitgliedsstaaten der EU? Dann ist das One-Stop-Shop-Verfahren (EU-OSS) für dich ein wichtiges Thema. In diesem Beitrag erfährst du, was genau das Besteuerungsverfahren „EU-OSS“ ist, wie es funktioniert und welche Umsätze du melden musst. Zudem bekommst du viele nützliche Tipps rund um das EU-OSS-Verfahren.
Was ist das EU-OSS-Verfahren?
Beim Besteuerungsverfahren One-Stop-Shop, kurz EU-OSS, handelt es sich um eine Sonderregelung im Bereich der Umsatzsteuer. Konkret geht es dabei um die Umsätze, die du durch Verkäufe an Endverbraucher in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten erzielt hast. Das EU-OSS-Verfahren bietet Onlinehändlern und anderen Unternehmern mit EU-OSS-relevanten Umsätzen eine zentrale Anlaufstelle für das Einreichen von Umsatzsteuererklärungen.
Durch diese Sonderregelung sparst du als Unternehmer viel Arbeit: Du musst die Meldung für deine EU-OSS-relevanten Umsätze über das Onlineportal "finanzonline" nur an das Bundesministerium für Finanzen(BMF) senden – und nicht an alle Mitgliedstaaten einzeln. Dadurch kann die für dein Unternehmen EU-weit anfallende Steuer mit nur einer einzigen Erklärung entrichtet werden.
Konkret richtet sich das EU-OSS-Verfahren an alle Unternehmer, die ihren Unternehmenssitz im Inland haben und Umsätze generieren durch:
- innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Waren (innergemeinschaftliche Warenverkäufe) an Endverbraucher
- das Erbringen von Dienstleistungen an Endverbraucher in anderen EU-Mitgliedstaaten
- Telekommunikations-,Fernseh- und Rundfunk- sowie elektronische Dienstleistungen für Endverbraucherin anderen Mitgliedsstaaten der EU.
Das EU-OSS-Verfahren spielt auch für Unternehmer eine Rolle, die ihren Firmensitz zwar nicht innerhalb der EU haben, jedoch über ein Warenlager o.ä. in einem EU-Mitgliedstaat verfügen und aus diesem Endverbraucher in anderen EU-Ländern mit Waren beliefern.
Das OSS-Verfahren spielt auch für Unternehmer eine Rolle, die ihren Firmensitz zwar nicht innerhalb der EU haben, jedoch über ein Warenlager o.ä. in einem EU-Mitgliedstaat verfügen und aus diesem Endverbraucher in anderen EU-Ländern mit Waren beliefern.
Warum braucht es das EU-OSS-Verfahren?
Grundsätzlich wird die Umsatzsteuer immer im jeweiligen Bestimmungsland fällig. Also da, wo du deinen Umsatz generiert hast. Dafür gibt es seit dem 1. Juli 2021 eine EU-weite Umsatzschwelle (Lieferschwelle),die alle davor gültigen länderspezifischen Grenzwerte ersetzt. Diese EU-einheitliche Umsatzschwelle liegt bei 10.000 Euro netto und gilt für die oben genannten, EU-OSS-relevanten Umsätze.
Wenn du als Unternehmer die Lieferschwelle überschreitest, gilt folgendes:
- Du musst die entsprechende Umsatzsteuer entrichten – und zwar in dem EU-Mitgliedstaat, in den du Waren oder Dienstleistungen an Privatkunden verkauft hast. Somit hast du die Umsatzsteuer auch an die im Bestimmungsland zuständige Finanzbehörde zu melden und zu bezahlen.
- Dabei gilt der im Bestimmungsland angesetzte Umsatzsteuersatz.
- Damit du die von dir geschuldete Umsatzsteuer ordnungsgemäß melden und begleichen kannst, müsstest du dich normalerweise zunächst im jeweiligen Mitgliedstaatumsatzsteuerlich registrieren.
- Wenn du in mehreren EU-Mitgliedsstaatenentsprechende Umsätze generierst, ist dies somit auch mehrfach erforderlich.
Das EU-OSS Verfahren vereinfacht!
Das oben genannte Szenario könnte schnell zu einer echten Mammutaufgabe werden. Stell dir nur mal einen Onlineshop vor, der in mehrere Länder verkauft. Genau hierfür bietet dir das EU-OSS-Verfahren eine praktische Alternative. Mit der Sonderregelung des One-Stop-Shop brauchst du dich nicht mehr in jedem Land separat steuerlich registrieren: Du kannst nun alles unkompliziert über ein einziges Portal erledigen.
EU-OSS ist keine Pflicht
Grundsätzlich gibt es für das EU-OSS-Verfahren ein Wahlrecht: Du kannst am EU-OSS-Verfahren teilnehmen, wenn du EU-OSS-relevante Umsätze erzielst – musst es jedoch nicht.
Wichtig: Wenn du am EU-OSS-Verfahren teilnehmen willst, musst du das dem BMF unbedingt vor Beginn des entsprechenden Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) mitteilen.
Beispiel für das EU-OSS-Verfahren
Hier zur Veranschaulichung ein kleines Beispiel für dich. Stell dir vor, du verkaufst deine Produkte über einen Onlineshop an Privatkunden in unterschiedlichen EU-Ländern und erzielst dabei innerhalb eines Quartals folgende Umsätze. Der Einfachheit halber haben wir die Umsätze pro Land zusammengefasst:
Somit hast du im Besteuerungszeitraum EU-OSS-relevante Umsätze in Höhe von 18.700 Euro netto generiert – und die Lieferschwelle überschritten.
- Ohne EU-OSS-Verfahren: Du müsstest dich ohne Anmeldung für das EU-OSS-Verfahren in Frankreich, Italien, Österreich und Spanien einzeln umsatzsteuerlich registrieren. Ebenso hättest du deine Umsätze den entsprechenden Finanzbehörden einzeln zu melden – mit vier verschiedenen länderspezifischen Meldungen.
- Mit EU-OSS Verfahren: Wenn du dich hingegen für das EU-OSS-Verfahren anmeldest, brauchst du dich nur einmal zu registrieren – und erklärst auch deine Umsätze in nur einer einzigen Meldung.
Vor- und Nachteile des EU-OSS-Verfahrens
Für Onlinehändler und andere Unternehmer bietet das EU-OSS-Verfahren diverse Vorteile. Hier für dich ein kleiner Überblick zu den Vor- und Nachteilen:
Unterschied zwischen EU-OSS und IOSS
Neben dem EU-OSS-Verfahren gibt es auch das sogenannte Import-One-Stop-Shop-Verfahren, kurz IOSS-Verfahren. Das IOSS ist relevant für dich, wenn du auf folgende Arten Umsätze mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro erzielst:
- Du führst Waren aus einem Drittland ein und verkaufst diese mittels Fernverkäufen an Endverbraucher an innerhalb der Europäischen Union (EU).
- Du stellst eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung, mit der du die Lieferung bestimmter Waren unterstützt. Konkret geht es dabei um Waren, die aus einem Drittland eingeführt wurden und an Privatkunden in der EU verkauft werden.
Beim IOSS-Verfahren kannst du wie beim EU-OSS deine entsprechenden Umsätze einfach zentral beim BMF einreichen. Auch für das IOSS hast du ein Wahlrecht. Somit kannst du frei entscheiden, ob du dich in allen relevanten EU-Mitgliedsstaaten einzeln steuerlich registrieren willst –oder ob du dich zum zentralen IOSS-Verfahren anmeldest.
EU-OSS-Meldung: So funktioniert’s
Um deine EU-OSS-Meldung abgeben zu können, musst du dich zunächst in finanzonline, dem Online-Portal des Bundeministeriums für Finanzen, registrieren. Plane hierzu vor deiner ersten EU-OSS-Meldung unbedingt etwas Vorlaufzeit ein, denn: Nach der Registrierung kann es etwas dauern, bis du vom BMF deine Aktivierungsdaten per Post bekommst.
Für deine EU-OSS-Meldung musst du dann nur noch das Formular „Steuererklärung für die OSS EU-Regelung – für Besteuerungszeiträume ab 3. Quartal 2021″ausfüllen. Wie genau das geht und was du dabei beachten musst, erklären wir dir ganz einfach im Beitrag zur EU-OSS-Meldung.
Fristen für die EU-OSS-Meldung
Grundsätzlich musst du deine EU-OSS-Meldung einmal pro Kalendervierteljahr abgeben. Abgabefrist ist dabei das Ende des Monats, der auf den Besteuerungszeitraum (das entsprechende Kalendervierteljahr) folgt. Somit gibst du deine EU-OSS-Meldung für das erste Quartal bis spätestens 30. April ab, die für das zweite Kalendervierteljahr bis spätestens 31. Juli und so weiter. Mehr Informationen dazu findest du im Beitrag zu den Fristen für die EU-OSS-Meldung. Dort erfährst du auch, wann du beim EU-OSS-Verfahren eine Nullmeldung abgibst.
Wichtige Schritte für deine Steuererklärung im EU-OSS-Verfahren
Damit dir beim Start und der Umsetzung mit dem EU-OSS-Verfahren alles gut gelingt, hier noch einmal die wichtigsten Schritte im Überblick:
- Ist EU-OSS das Richtige für dich?
Prüfe, ob das EU-OSS-Verfahren für dich relevant und sinnvoll ist (Siehe Vor- und Nachteile des EU-OSS-Verfahrens) - Steuerberater – ja oder nein?
Wenn das EU-OSS-Verfahren für dich passt, entscheide, ob du die Registrierung und deine Erklärungen zum EU-OSS alleine oder mit Hilfe eines Steuerberaters vornehmen willst. Noch auf der Suche? Alles dazu erfährst du in unserem Beitrag Steuerberater finden. - Anmeldung für BOP:
Als nächstes folgt deine Registrierung für das EU-OSS-Verfahren beim BMF über das Portal "finanzonline"
Wichtig: Sobald du registriert bist, unterliegst du der EU-OSS-Meldepflicht und musst deine Erklärungen für jedes Kalendervierteljahr abgeben– auch dann, wenn du keine Umsätze generiert hast (= sogenannte Nullmeldung). - Reminder / Kalendereintrag:
Trage dir gleich zu Beginn die passenden Terminerinnerungen für deine EU-OSS-Meldungen im Kalender ein, damit du die Agabefristen stets im Blick hast. Bereite dich auch unbedingt rechtzeitig auf deine EU-OSS-Meldung vor. Hierfür benötigst du unteranderem deine in anderen EU-Mitgliedstaaten im Besteuerungszeitraum generierten Umsätze.
EU-OSS für Kleinunternehmer
Auch wenn du Kleinunternehmer bist, kann das EU-OSS-Verfahren für dich relevant sein. Konkret ist dies der Fall, wenn du:
- Lieferungen oder Leistungen erbringst, die unter die EU-OSS-Regelung fallen und
- dabei gleichzeitig die Lieferschwelle von 10.000 Euro überschreitest.
Dann musst du nämlich auch als Kleinunternehmer im Bestimmungsland Umsatzsteuerzahlen – und zwar zum dortigen Steuersatz (Umsatzsteuersatz des entsprechenden EU-Mitgliedsstaats). Die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer gemäß §6 Abs. 1 Ziff. 28 Umsatzsteuergesetz (UStG) gilt nämlich nur für in Österreich generierte Umsätze.
Für die Teilnahme am EU-OSS-Verfahren hast du als Kleinunternehmer ebenso ein Wahlrecht wie alle anderen Unternehmer auch.
Ausnahmeregelung für kleine und mittlere Umsätze
Gut zu wissen: Für dich als Kleinunternehmer kann auch die „Ausnahmeregelung für Unternehmer mit kleinen und mittleren Umsätzen“ relevant sein: Prinzipiell gilt im Rahmen der Sonderregelung des EUOSS-Verfahrens, dass sich der Ort der Leistung nach dem Ort richtet, an dem der Endverbraucher ist (Bestimmungslandprinzip). Hierbei gibt es allerdings für Unternehmer mit kleinen und mittleren Umsätzen eine Ausnahmeregelung.
Diese Ausnahmeregelung besagt, dass die Umsätze als im Inland erbracht gelten, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- Der Unternehmer, der die Leistung erbringt, ist in nur einem Mitgliedstaat der EU ansässig.
- Bei den generierten Umsätzen handelt es sich um Telekommunikations-, Rundfunk- oder Fernsehdienstleistungen, um auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen oder um innergemeinschaftliche Fernverkäufe.
- Der Nettobetrag der unter die Sonderregelung des EU-OSS fallenden vorgenannten Umsätze entspricht maximal der Lieferschwelle von 10.000 Euro – sowohl für das vor ausgegangene als auch für das laufende Kalenderjahr.
In diesem Fall kannst du als Kleinunternehmer entweder von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen oder aber auf diese verzichten und an der Sonderregelung des EU-OSS teilnehmen. Bei Verzicht auf die Ausnahmeregelung musst du eine entsprechende Erklärung abgeben. Diese bindet dich als Unternehmer dann für mindestens zwei Kalenderjahre an deine Entscheidung zur Teilnahme am EU-OSS-Verfahren. Im Allgemeinen macht es bei Sonderregelungen auf jeden Fall Sinn mit einem Steuerberater zu sprechen, um keine rechtlichen Fallstricke zu übersehen.
Zusammenfassung zum EU-OSS-Verfahren
Die Sonderregelung „EU-OSS“ erleichtert dir als Unternehmer (z.B. Onlinehändler, Dienstleister, etc.) die Abgabe von EU-weiten Umsatzsteuererklärungen. Vorab solltest du dabei prüfen, ob die Teilnahme am EU-OSS-Verfahren für dich sinnvoller ist als eine Registrierung im relevanten Mitgliedstaat beziehungsweise Bestimmungsland. Wenn du EU-OSS-relevante Umsätze in mehreren EU-Mitgliedstaaten generierst, kann sich die Teilnahme am EU-OSS-Verfahren definitiv lohnen. Da du dann nur das Bundeszentralamt für Steuern als zentrale Anlaufstelle hast, sparst du mit dem EU-OSS viel Arbeit und Zeit.
Häufig gestellte Fragen zum EU-OSS-Verfahren
Nachfolgend findest du Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das EU-OSS-Verfahren.