Ob Autoreparatur, Hausneubau oder Reparatur einer undichten Wasserleitung, wenn hohe Ausgaben anstehen, möchte der Kunde am besten im Vorfeld wissen, wie viel er später bezahlen muss. Da kommt der Kostenvoranschlag ins Spiel: Er gibt eine grobe Schätzung über die voraussichtlichen Kosten ab.
In unserem Beitrag erfährst du, was ein Kostenvoranschlag genau ist, wann dafür eine Vergütungspflicht besteht und was bei einer Überschreitung passiert.
Was ist ein Kostenvoranschlag?
Rechtsgrundlage für den Kostenvoranschlag ist § 1170a ABGB. Im rechtlichen Sinne korrekt heißt er „Kostenanschlag“. Gemeint ist damit eine Aufstellung der voraussichtlich erforderlichen Materialien und Dienstleistungen, um einen noch zu schließenden Werkvertrag zu erfüllen, und die dafür anfallenden Reparaturkosten.
Für dich als Unternehmerin oder Unternehmer ist der Kostenanschlag eine Art von Vorkalkulation, mit der du die Kosten überschlagen kannst. Für Kundinnen und Kunden ist der Voranschlag eine Möglichkeit, sich einen Überblick über die bevorstehenden Kosten zu verschaffen.
Beispiel: Nach einem Autounfall benötigen Geschädigte für die Versicherung einen Nachweis über den Schaden oder die anstehenden Reparaturkosten für die Schadensregulierung. Sie haben nun die Wahl: Die Geschädigten können sich von der Autowerkstatt einen Kostenvoranschlag über die Reparaturkosten erstellen lassen. Oder sie lassen von einem oder einer Sachverständigen ein Schadensgutachten anfertigen. Ob Schadensgutachten oder Kostenanschlag, beide Dokumente sind geeignet, um die Schadensregulierung mit der Versicherung abzuwickeln.
Kostenvoranschlag erstellen: So einfach geht’s
Der Kostenvoranschlag sollte diese Inhalte umfassen:
- Name und Anschrift von Auftraggeber und -nehmer
- einmalige Nummer des Kostenvoranschlags
- Datum
- Bezeichnung als „Kostenvoranschlag“
- Art und Umfang der angedachten Arbeiten
- geschätzter Arbeitsaufwand
- voraussichtliche Materialkosten
- Gültigkeitsdauer des Kostenvoranschlags
Die Angabe der Gültigkeitsdauer ist wichtig, um die Bindungswirkung des Kostenvoranschlags zu befristen.
Da es sich bei einem Kostenvoranschlag um einen Geschäftsbrief handelt, solltest du außerdem die üblichen Pflichtangaben für Geschäftsbriefe beachten.
Mehr zum Kostenvoranschlag erstellen erfährst du auch in diesem Video:
Unverbindlicher oder verbindlicher Kostenanschlag: die Unterschiede
Du musst zwischen einem unverbindlichen und einem verbindlichen Kostenvoranschlag unterscheiden:
- Unverbindlicher Voranschlag: Normalerweise hat ein Kostenvoranschlag einen unverbindlichen Charakter. Du willst als Auftragnehmer lediglich einen groben Überblick über die ungefähren Kosten abgeben. Kommt es auf dieser Grundlage zum Auftrag, muss die Kundin oder der Kunde später Überschreitungen 10-15% akzeptieren. Ein Freibrief für unbegrenzte Überschreitungen ist der Voranschlag allerdings auch nicht.
- Verbindlicher Voranschlag: Gibst du hingegen einen verbindlichen Kostenvoranschlag ab, musst du dich an die angegebenen Preise und die Gesamtsumme halten. Er kommt einer Festpreisvereinbarung gleich und wird deshalb nur in Ausnahmefällen verwendet. Er beinhaltet die sog. Richtigkeitsgarantie. Auch bei Überschreiten der Kosten darfst du diese nicht weiterverrechnen.
Wichtig zu wissen: Eine grobe, mündlich ausgesprochene Schätzung nach dem Prinzip „Auge mal Pi“ wird nicht als Kostenvoranschlag gewertet. Sie ist deshalb immer unverbindlich.
Unterschiede zwischen Kostenvoranschlag und Angebot
Ein Kostenvoranschlag und ein Angebot können abgesehen von der Bezeichnung inhaltlich beinahe vollständig identisch sein. Sie unterscheiden sich allerdings in ihrer rechtlichen Wirkung. Ein Kostenvoranschlag ist in der Regel nicht verbindlich. Spricht der Auftragnehmer hingegen ein Angebot aus, ist er an die Einzelpreise und die Gesamtsumme gebunden.
Mehr zur Abgrenzung erfährst du in unserem Beitrag zur Unterschied Angebot und Kostenvoranschlag.
Vergütung für den Kostenvoranschlag
Der Aufwand für die Erstellung eines Kostenvoranschlags fällt in den Bereich der Werbung. Du kannst ihn deshalb der Kundin oder dem Kunden nicht in Rechnung stellen. außer es wurde im Vorfeld auf die Zahlungspflicht hingewiesen
Für dich bedeutet das: Wenn du mit der Kundin oder dem Kunden nicht eindeutig eine Vergütungspflicht vereinbart hast, kannst du den Aufwand für deine Vorkalkulation nicht in Rechnung stellen. Eine solche Vereinbarung solltest du immer schriftlich festhalten. Regelungen in den AGB reichen dafür nicht aus, weil Gerichte diese Vergütungspflicht als überraschende Klausel einstufen könnten.
Es gibt aber zwei Ausnahmefälle bei dieser Regelung:
- Wenn die Kundin oder der Kunde deinen Kostenvoranschlag nutzt, um damit eine Ausschreibung durchzuführen, kannst du Anspruch auf eine Entschädigung haben.
- Ist eine Vergütung des Kostenvoranschlags branchenüblich, besteht ein Vergütungsanspruch.
Unwesentliche Überschreitung der Gesamtsumme
Bei einem unverbindlichen Kostenvoranschlag ist der Endpreis nicht verbindlich. Deshalb stellt sich in der Praxis regelmäßig die Frage, wie sich eine Kostenüberschreitung auswirkt. Eine grenzenlose Überschreitung ist nämlich selbst bei unverbindlichen Kostenvoranschlägen nicht zulässig. Auch sie haben eine gewisse Bindungswirkung.
Die Kundin oder der Kunde muss jedoch eine Überschreitung bis 15 % hinnehmen. Leider gibt es dafür keine vom Gesetzgeber vorgegebene Grenze.
Wesentliche Überschreitung der Gesamtsumme
Ab wann eine wesentliche Überschreitung vorliegt, hängt stets vom Einzelfall ab. In der Praxis schwanken Gerichte meist zwischen einem Prozentsatz von 10 bis 15 Prozent der Gesamtkosten. Es sind aber auch Abweichungen davon möglich. Überschreiten die Zusatzkosten diesen Betrag, muss die Kundin oder der Kunde dies nicht ohne Weiteres akzeptieren.
Unternehmerpflichten bei wesentlicher Überschreitung
Rechnest du bei einem Werkvertrag mit wesentlichen Zusatzkosten, musst du die Kundin oder den Kunden unverzüglich darüber informieren. Das ergibt sich aus § 1170a Abs. 2 ABGB.
Der Auftraggeber hat nun zwei Optionen:
- Sie oder er ist mit der Überschreitung einverstanden. In diesem Fall können die Arbeiten fortgeführt werden. Wir empfehlen dir, eine schriftliche Bestätigung der Kundin oder des Kunden einzuholen, bis zu welcher Grenze die Überschreitung zulässig ist.
- Die Kundin oder der Kunde ist mit der Kostenüberschreitung nicht einverstanden. In diesem Fall besteht ein kundenseitiges Kündigungsrecht. Kündigt sie oder er den geschlossenen Werkvertrag, rechnest du die erbrachten Leistungen ab.
Machen Auftraggeber von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch, können sie als Geschädigte auch Anspruch auf Schadenersatz haben. Das ist der Fall, wenn du für die falsche Vorkalkulation verantwortlich bist und den Kunden oder die Kundin zu spät über die Überschreitung informiert hast.
Deswegen musst du dir aber keine grauen Haare wachsen lassen. In der Praxis scheitert der Anspruch häufig daran, dass die oder der Geschädigte den entstandenen Schaden nachweisen muss.
Zahlungsanspruch bei wesentlicher Überschreitung
Kündigt der Auftraggeber den Vertrag, muss er die angefallenen Kosten bis zu diesem Zeitpunkt inklusive Auslagen bezahlen. Er muss jedoch nicht die gesamten Überschreitungskosten übernehmen.
Ist er hingegen mit der Überschreitung einverstanden und lässt dich weiterarbeiten, so muss er später auch den Endpreis der Rechnung inklusive der Überschreitung bezahlen.