Es klingelt an der Tür… und draußen steht ein Steuerprüfer des Finanzamts. Ihn einfach nicht hereinzulassen, ist keine Option. Aber was darf der Amtsträger eigentlich bei der unangekündigten Umsatzsteuer-Nachschau? In diesem Beitrag erfährst du, was diese Form der Betriebsprüfung genau ist, was die Beamten dürfen und wann du hiermit rechnen musst.
Was ist eine Umsatzsteuer-Nachschau?
Erst seit rund 20 Jahren gibt es die Umsatzsteuer-Nachschau. Sie wurde mit dem Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz eingeführt, um Vorsteuerbetrug vorzubeugen und eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer zu gewährleisten. Seitdem ist diese Betriebsprüfung ist in § 27b UStG (Umsatzsteuergesetz) geregelt.
Wichtigstes Merkmal der Umsatzsteuer-Nachschau ist die fehlende Voranmeldung: Der Finanzbeamte steht einfach plötzlich vor deiner Tür und darf unangekündigt deine Geschäftspapiere und Unterlagen rund um die Umsatzsteuer prüfen.
Stellt der Amtsträger Fehler in deiner Buchführung oder in deiner Umsatzbesteuerung fest, folgt die Festsetzung neuer Grundlagen für die Besteuerung. Einen Prüfungsbericht gibt es bei diesem Verwaltungsakt nicht.
Gut zu wissen: Die Umsatzsteuer-Nachschau ist nicht dasselbe wie eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Letztere darf nur nach vorheriger Ankündigung durchgeführt werden und braucht keine besondere Begründung.
In diesen Fällen kommt es zur Umsatzsteuer-Nachschau
Es handelt sich bei der Umsatzsteuer-Nachschau um eine anlassbezogene Betriebsprüfung, für die es einen bestimmten Grund geben muss – das grenzt sie von einer normalen Außenprüfung ab. Typische Gründe sind etwa:
- Abwicklung sehr vieler Geschäfte mit ausländischen Geschäftspartnern
- Auflaufen hoher Vorsteuerguthaben
- deutliche Abweichungen bei der Umsatzbesteuerung zwischen Voranmeldung und Jahreserklärung
- wiederholt nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht abgegebene Umsatzsteuervoranmeldungen
- mehrfache Nullmeldungen
- steuerfreie Umsätze in großer Höhe
- häufiger Wechsel zwischen Vorsteuererstattungen und Umsatzsteuer-Zahlungen
- Anwendung unterschiedlicher Steuersätze
- starke Abweichungen des Umsatzes vom durchschnittlichen Umsatz der Branche
- Wechsel der Tätigkeit oder Branche des Unternehmens
- häufige Zusammenarbeit mit Subunternehmern
- Unregelmäßigkeiten im Bereich der Umsatzsteuer bei einer vorherigen Betriebsprüfung
Auch, wenn das Finanzamt Fragen hat, kann es zu diesem unerwarteten Besuch kommen.
Außerdem gibt es noch zwei weitere Fälle, in denen du dich schon mit hoher Sicherheit auf eine Nachschau einstellen kannst. Die schauen wir uns gleich genauer an.
Umsatzsteuer-Nachschau bei Existenzgründern
Bei Existenzgründern ist eine Umsatzsteuer-Nachschau erfahrungsgemäß recht wahrscheinlich. Die Beamten möchten feststellen, ob dein Unternehmen unter der angegebenen Anschrift tatsächlich besteht.
Zu Beginn der Selbstständigkeit sind oft hohe Investitionen erforderlich, die dann dank des Vorsteuerabzug zu hohen Erstattungen führen. Der Betriebsprüfer kann sich mit der Umsatzsteuer-Nachschau einen Überblick darüber verschaffen, ob die Investitionen tatsächlich getätigt wurden und die abgezogenen Vorsteuerbeträge gerechtfertigt sind. Dafür ist auch eine Betriebsbesichtigung erlaubt.
Umsatzsteuer-Nachschau als Kontrolle der unternehmerischen Tätigkeit
Auch im laufenden Betrieb kann das Finanzamt mit der Umsatzsteuer-Nachschau herausfinden, ob dein Unternehmen tatsächlich existiert. Immer wieder werden nämlich Scheinfirmen gegründet, um mit angeblichen Rechnungen Vorsteuerbeträge zu kassieren, die gar nicht angefallen sind.
Ist der Prüfer schon mal da, wird er auch gleich einen Blick auf die Einhaltung gängiger Buchhaltungsvorschriften und Aufzeichnungspflichten wie die GoBD werfen.
Ablauf der Umsatzsteuer-Nachschau
Der Ablauf einer Umsatzsteuer-Nachschau ist eigentlich recht einfach:
- Der Steuerprüfer muss sich bei seiner Ankunft mit einem Dienstausweis ausweisen. Du darfst natürlich bei der Finanzbehörde nachfragen, ob sie dir einen Amtsträger vorbeigeschickt hat.
- Du bist theoretisch nicht verpflichtet, dem Finanzbeamten Zutritt zu deinen Geschäftsräumen zu verschaffen. Allerdings kann es dir dann passieren, dass das Finanzamt eine vollständige Betriebsprüfung anordnet oder dir sogar die Steuerfahndung schickt – das wirkt nämlich hochgradig verdächtig.
- Der Amtsträger muss dich darüber informieren, welche Unterlagen er benötigt, was der Anlass der Umsatzsteuer-Nachschau ist und in welchem Umfang er Prüfungen vornimmt. Du darfst (und solltest!) deinen Steuerberater hinzuziehen – der Finanzbeamte muss aber nicht bis zu dessen Ankunft warten.
- Du musst dem Steuerprüfer die Unterlagen und Geschäftspapiere vorlegen, die sie er für die Nachschau benötigt. Außerdem ist der Zugriff auf dein Datenverarbeitungssystem zulässig, wenn du für die Erstellung deiner Buchhaltung eines verwendest (§ 27b Abs. 2 UStG).
Einen Abschluss im Sinne einer Schlussbesprechung oder eines Prüfungsberichts gibt es bei der Umsatzsteuer-Nachschau übrigens nicht.
Das sind deine Rechte und Pflichten bei der Umsatzsteuer-Nachschau
Mit einer Umsatzsteuer-Nachschau durch das Finanzamt gehen immer viele offene Fragen und Befürchtungen einher. Wir klären die wichtigsten Fragen rund um die Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen sowie des Prüfers:
- Darf der Prüfer kommen, wann er will?
Der Prüfer muss sich an den branchenüblichen Öffnungszeiten orientieren. Wird in deinem Unternehmen allerdings regulär länger gearbeitet, darf er diese Zeit auch ausnutzen. - Darf der Prüfer meine Privaträume betreten?
Zutritt zu Privaträumen musst du dem Amtsträger nicht gewähren. Eine Ausnahme gilt für teilweise betrieblich genutzte Privaträume – diese darf er in Augenschein nehmen. - Darf der Prüfer meine Geschäftsräume durchsuchen?
Nein, das ist nicht erlaubt. Er darf von dir alle Unterlagen zu umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalten einfordern und einsehen. Nicht erlaubt sind Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, sondern nur die Begutachtung von Unterlagen zu gegenwärtigen Sachverhalten und steuerlichen Umständen. Geschäftsunterlagen zu vergangenen Jahren oder anderen Steuerarten musst du nicht vorlegen. - Darf der Prüfer meine Angestellten befragen?
Wenn du das nicht willst, darf der Prüfer deine Angestellten nicht befragen. - Muss ich dem Prüfer helfen?
Wie bei jeder Betriebsprüfung bist du zur Mitwirkung verpflichtet. Händigst du beispielsweise geforderte Unterlagen nicht aus oder beantwortest Fragen nicht, darf der Betriebsprüfer den betreffenden Vorgang schätzen. - Kann ich die Umsatzsteuer-Nachschau verschieben?
In sehr engen Grenzen besteht die Möglichkeit der Verschiebung, etwa wenn dein Unternehmen mitten in der Inventur steckt. Eigentlich geht es aber gerade um den Überraschungseffekt, weshalb Verschiebungen nur selten gewährt werden.
Umsatzsteuer-Nachschau und Übergang zur Außenprüfung
Bemerkt der Prüfer steuererhebliche Unregelmäßigkeiten, kann er von der Umsatzsteuer-Nachschau kurzerhand zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergehen – auch ohne vorherige Prüfungsanordnung. Diese darf sich aber im Gegensatz zu einer normalen Betriebsprüfung nur auf den Bereich der Umsatzsteuer und des Vorsteuerabzugs erstrecken, nicht jedoch auf die Besteuerung deines Einkommens.
Dafür müssen aber diese Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Amtsträger muss Datum und Uhrzeit der Außenprüfung schriftlich dokumentieren.
- Er muss konkrete Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten haben – ein bloßer Verdacht reicht nicht.
- Der Prüfer muss den Prüfungsumfang schriftlich festhalten und dir den Anlass der Außenprüfung bzw. Sonderprüfung nennen.
Sollte dies bei dir passieren, setzt du dich am besten mit deinem Steuerberater zusammen und bereitest die Betriebsprüfung richtig vor.
Zusammenfassung zur Umsatzsteuer-Nachschau
Die Umsatzsteuer-Nachschau kommt unangekündigt und ohne Prüfungsanordnung auf dich zu und konzentriert sich ausschließlich auf steuererhebliche Sachverhalte aus dem Bereich der Umsatzsteuer. Der Amtsträger darf deine Betriebsräume in Augenschein nehmen und sich Unterlagen rund um die Besteuerung vorlegen lassen. Erkennt er Unregelmäßigkeiten, darf er zu einer Außenprüfung bzw. Sonderprüfung übergehen oder beim Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung oder -verkürzung die Steuerfahndung einschalten.