Sicherlich kennst du die planmäßige Abschreibung, bei der deine Anlagegüter entsprechend dem tatsächlichen Wertverlust abgeschrieben werden. Sie folgt festen Regeln. Tritt jedoch ein unerwarteter Wertverlust ein, reicht die normale Abschreibung nicht aus, um einen korrekten Buchwert zu erfassen. Dann kommt die außerplanmäßige Abschreibung ins Spiel. In diesem Beitrag erfährst du, wie sie funktioniert, was es mit dem Niederstwertprinzip auf sich hat und wann eine Wertaufholung erforderlich ist.
Keine Lust zu lesen? Dann ist das unser Video zum ThemaAußerplanmäßige Abschreibung genau richtig für dich:
Was ist eine außerplanmäßige Abschreibung?
Wenn sich der Wert eines abnutzbaren Vermögensgegenstands voraussichtlich dauernd mindert, kannst du diese Wertminderung als außerplanmäßige Abschreibung ansetzen. Ob du ein Wahlrecht hast oder die außerplanmäßige Abschreibung Pflicht ist, richtet sich nach der Art der Anlagegüter (Umlaufvermögen vs. Anlagevermögen).
Doch was bedeutet eine „dauernde Wertminderung“? Eine Wertminderung liegt vor, wenn der tatsächliche Wert niedriger ist als die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Von Dauer ist eine Wertminderung, wenn sie voraussichtlich nicht vorübergehend ist. Rechnest du damit, dass sich der Wert in Kürze wieder erholen wird? Dann ist eine außerplanmäßige Abschreibung nicht erlaubt.
Unterschiede in Handelsrecht und Steuerrecht
Sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz ist eine außerplanmäßige Abschreibung grundsätzlich möglich. Sie beruhen jedoch auf unterschiedlichen Rechtsvorschriften:
Unterschiede zwischen planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibung
Die planmäßige Abschreibung ist der Standardfall, mit dem sich jede Unternehmerin und jeder Unternehmer auseinandersetzen muss. Eine außerplanmäßige Abschreibung hingegen kommt nur ins Spiel, wenn du tatsächlich den Restbuchwert korrigieren musst. Diese Tabelle zeigt die Unterschiede:
Das Niederstwertprinzip bei der Bilanzierung
Wesentliche Grundlage der außerplanmäßigen Abschreibung ist das sogenannte Niederstwertprinzip. Es geht grundsätzlich davon aus, dass du bei der Teilwertabschreibung den niedrigsten Wert ansetzen musst.
Wir unterscheiden zwei Arten des Niederstwertprinzips. Sie entscheiden auch darüber, ob du eine Abschreibungspflicht oder ein Wahlrecht hast.
Gemildertes Niederstwertprinzip für Anlagevermögen
Das gemilderte Niederstwertprinzip kommt nur für Anlagevermögen zum Ansatz. Gibt es bei der Bewertung eines Vermögensgegenstands zum Bilanzstichtag zwei mögliche Wertansätze, musst du entscheiden, ob eine dauerhafte Wertminderung vorliegt:
- Vorübergehende Wertminderung: Liegt der Marktwert des Anlageguts zum Bilanzstichtag vorübergehend unterhalb des Buchwerts (Anschaffungswert abzüglich planmäßiger Abschreibungen), hast du ein Abschreibungswahlrecht. Du kannst entscheiden, ob du den aktuellen Buchwert stehen lässt oder alternativ den niedrigeren Wert ansetzt.
- Dauerhafte Wertminderung: Ist die Wertminderung von Dauer, besteht eine Pflicht zur Abschreibung. Du musst also eine außerplanmäßige Abschreibung buchen.
Strenges Niederstwertprinzip (Umlaufvermögen)
Für Anlagegüter des Umlaufvermögens gilt das strenge Niederstwertprinzip. Dabei musst du bei einer Wertminderung immer den niedrigsten Wert ansetzen, auch wenn sie nur vorübergehender Natur ist. Es besteht also Abschreibungspflicht.
Du musst also zum Bilanzstichtag den aktuellen Buchwert (Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich planmäßige Abschreibungen) und den tatsächlichen Marktpreis gegenüberstellen. Dann setzt du den niedrigsten Wert in der Bilanz an.
Niederstwertprinzip für Finanzanlagen
Finanzanlagen stellen einen Sonderfall dar. Hier gelten dieser Vorgaben zum Niederstwertprinzip:
- Dauerhafte Wertminderung: Ist die Minderung des Werts dauerhaft, besteht eine Abschreibungspflicht. Du musst den niedrigeren Wert ansetzen.
- Vorübergehende Wertminderung: Du hast ein Abschreibungswahlrecht und kannst selbst entscheiden, ob du den bestehenden Restbuchwert beibehältst oder eine außerplanmäßige Abschreibung vornimmst.
Gründe für die außerplanmäßige Abschreibung
Es gibt gleich mehrere Gründe, warum der Gesetzgeber außerplanmäßige Abschreibungen für Vermögensgegenstände ermöglicht bzw. vorschreibt:
- Gläubigerschutz: Das Niederstwertprinzip verhindert, dass Unternehmerinnen oder Unternehmer ihren Betrieb über eine zu positive Bewertung ihrer Vermögensgegenstände in einem besseren Licht darstellen können, als es tatsächlich der Fall ist.
- Realistische Abschreibung: Du kannst die Kosten für Sachanlagen schneller steuerlich absetzen, wenn ihr Marktpreis gesunken ist. So kannst du Verluste schneller ausgleichen.
- Liquidität: Die schnellere Abschreibung kann sich positiv auf die Liquidität des Unternehmens auswirken.
Wie sich der Wert von Vermögensgegenständen mindern kann
- § 204 Abs. 2 UGB spricht von einer „voraussichtlich dauernden Wertminderung“. Aber was bedeutet das überhaupt? Die folgenden Beispiele zeigen, wann eine dauerhafte Wertminderung von Vermögensgegenständen vorliegt:
- Blechschaden an einem Auto infolge eines Auffahrunfalls
- schlechter Zustand einer Heizung, die nicht gewartet wurde
- Diebstahl eines Fahrradständers vor dem Geschäft
- Beschädigung von Inventar infolge einer Überschwemmung
- Beschädigung einer Maschine durch unsachgemäßen Gebrauch
- Überholung einer Maschine aufgrund neuer technologischer Entwicklungen
- geringerer Wert einer Geschäftsausstattung wegen neuer Entwicklungen in der Mode
Und wann ist eine Wertminderung von abnutzbaren Vermögensgegenständen vorübergehend? Immer dann, wenn sich der Wert voraussichtlich wieder erhöht. Einige Beispiele:
- Eine Maschine erleidet durch einen Kurzschluss einen Schaden und ist nicht mehr einsetzbar. Sie wird repariert und somit ihr Wert wieder hergestellt.
- Ein Firmenwagen wird gestohlen. Die Polizei fasst den Täter und bringt den Wagen unbeschadet zurück.
- Die Heizungsanlage, die wegen mangelnder Inspektion in schlechtem Zustand ist, wird gewartet und einige Verschleißteile ausgetauscht. So erreicht sie wieder den vorherigen Teilwert.
Beispiele für außerplanmäßige Abschreibung
Die folgenden Beispiele zeigen dir, wie du in welchen Situationen richtig mit der außerplanmäßigen Abschreibung umgehst:
Beispiele bei Abschreibungswahlrecht
Ein Wahlrecht besteht etwa in diesen Fällen:
- Der Kurs deiner Wertpapiere sinkt aufgrund einer Falschmeldung in den Medien. Schon kurze Zeit später erholt sich der Kurs und die Finanzanlage erreicht den bisherigen Wert.
- Ein Poolfahrzeug wird bei einem Auffahrunfall beschädigt. Dadurch ist das Auto momentan weniger wert. Der Schaden wird von der gegnerischen Versicherung getragen und das Auto instand gesetzt. So erreicht es wieder einen höheren Wert.
Beispiele für ein Verbot
Ein Verbot der außerplanmäßigen Abschreibung liegt vor, wenn nicht abnutzbares Anlagevermögen einer vorübergehenden Wertminderung unterliegt. Beispiele:
- Das Dach einer Produktionshalle wird durch einen schweren Sturm beschädigt. Da diese jedoch dringend genutzt werden muss, wird das Dach zeitnah repariert.
- Die Bodenpreise in der Region schwanken stark, weil öffentliche Planungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Wertminderung ist entsprechend als vorübergehend einzustufen.
Beispiele bei Abschreibungspflicht
Eine Abschreibungspflicht liegt etwa in diesen Fällen vor:
- Die Technologie einer Maschine ist veraltet. Dadurch sinkt der Wiederbeschaffungswert dauerhaft.
- Bei der Untersuchung der Konstruktion eines Bürogebäudes stellt sich heraus, dass die Wasserinstallation marode ist. Eine Instandsetzung ist nicht wirtschaftlich und das Gebäude in der Folge nicht mehr nutzbar.
Wertaufholungsgebot: Wann ist eine Zuschreibung erforderlich?
Sowohl in der Steuerbilanz als auch in der Handelsbilanz gilt das Wertaufholungsgebot. Verankert ist es in ³ 208 UGB. Es besagt: Stellt sich eine Wertminderung als nicht dauerhaft heraus, musst du die außerplanmäßige Absetzung für Abnutzung rückgängig machen. So könnte beispielsweise eine veraltete Maschine durch ein Software-Update wieder einsetzbar werden und ihren Wert zurückgewinnen.
Zur Wertaufholung solltest du folgende Punkte beachten:
- Du musst einmal im Jahr überprüfen, ob zum Bilanzstichtag die Gründe für die außerplanmäßige Abschreibung noch vorliegen. Ist das nicht der Fall musst du eine Wertaufholung buchen.
- Bei der Wertaufholung erfolgt eine Zuschreibung. Damit erhöhst du den Buchwert für den Vermögensgegenstand.
- Die Zuschreibung darf bei abnutzbarem Anlagevermögen höchstens die Höhe der zuvor erfolgten außerplanmäßigen Absetzung für Abnutzung ausmachen (§ 208 UGB und §§ 7 ff EStG).
- Eine weitere Höchstgrenze sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten, bereinigt um die planmäßigen Abschreibungsbeträge.
- Entsprechend ist die Wertaufholung nur möglich, wenn zuvor eine außerplanmäßige Abschreibung erfolgt ist.
Buchungssatz der außerplanmäßigen Abschreibung
Möchtest du eine außerplanmäßige Absetzung für Abnutzung buchen, benötigst du dafür folgenden Buchungssatz:
Vorteile und Nachteile der außerplanmäßigen Abschreibung
Vorteil der außerplanmäßigen Abschreibung ist, dass du nicht mehr voll einsetzbare Anlagegüter schneller abschreiben kannst. Zudem spiegelt deine Bilanz so den tatsächlichen Unternehmenswert wider.
Als Nachteil ist der hohe Aufwand zu verzeichnen. Du musst den gesunkenen Wert nämlich nicht nur einmalig nachweisen, sondern in den Folgejahren bis zur vollständigen Abschreibung immer wieder aufs Neue überprüfen, ob der niedrigere Wertansatz noch gerechtfertigt oder eine Wertaufholung erforderlich ist.