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Goldene Bilanzregel: So berechnest und verstehst du die Kennzahl richtig

Aktualisiert am
04
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03
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2024
Goldenes Ornament
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Bilanzkennzahlen spielen eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben. Fast jeder Kapitalgeber, einschließlich der eigenen Hausbank, wirft vor einer Investition einen kritischen Blick auf den Jahresabschluss. Eine sehr bekannte Bilanzkennzahl ist die goldene Bilanzregel, auch als goldene Bilanzierungsregel bezeichnet. In diesem Beitrag erfährst du, was es mit der goldenen Bilanzregel auf sich hat, was sie über die Liquidität aussagt und wie du sie als Kennzahl richtig anwendest.

Definition und Funktion der goldenen Bilanzregel

 Langfristiges gebundenes Vermögen ist langfristig zu finanzieren, kurzfristiges Vermögen kurzfristig.

Die Regel fordert also, dass das im Anlagevermögen investierte Kapital eines Unternehmens langfristig zur Verfügung stehen muss, während die Finanzierung des Umlaufvermögens über kurzfristig beschaffte Mittel erfolgen kann. Letztlich verlangt die Regel also eine Fristenkongruenz zwischen Aktiva und Passiva der Bilanz. Die goldene Bilanzregel ist eine der Finanzierungsregeln, die stabile Unternehmen bei der Anschaffung von Vermögensgegenständen einhalten sollten.

Das bedeutet die goldene Bilanzregel im System der Kennzahlen

In der betriebswirtschaftlichen Investitions- und Finanzierungslehre werden drei Typen von Finanzierungsregeln unterschieden:

  1. Liquiditätsregeln: Dazu gehören die bekannten Liquiditätsgrade, die die kurzfristige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens in den Mittelpunkt stellen. Sie helfen dir dabei, deinen Cashflow zu optimieren.
  2. Vertikale Proportionalitätsregeln: Die vertikalen Proportionalitätsregeln konzentrieren sich auf die Passivseite der Bilanz und untersuchen das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital.
  3. Horizontale Proportionalitätsregeln: Sie stellen eine Beziehung zwischen Aktiva und Passiva her. Zu den bekanntesten Vertretern zählen die goldene Finanzierungsregel und die daraus entwickelte goldene Bilanzregel.

Wichtig: Behalte die goldene Bilanzregel in Bezug auf dein Unternehmen möglichst fortlaufend im Blick. So kannst du frühzeitig reagieren, wenn die Liquidität sinkt. Sieht die Anlagendeckung ungünstig aus, ist dein Unternehmen für Kreditgeberinnen und Kreditgeber nicht attraktiv. So kann es passieren, dass du kein Bankdarlehen bekommst oder die Konditionen uninteressant sind.

Goldene Bilanzregel und Fristenkongruenz

Ein Unternehmen ist sowohl ökonomisch als auch juristisch nur überlebensfähig, wenn es seinen finanziellen Verpflichtungen jederzeit nachkommen kann. Hier setzt die Fristenkongruenz an, die vielen Kennzahlen zugrunde liegt. Gemeint ist damit, dass die Fälligkeit der Finanzierung mit der Dauer des Verbleibs im Unternehmen kongruent sein soll (z. B. langfristige Mittel für das Anlagevermögen).

Das Kapital (Passiva), dass für die Anschaffung von Vermögensgegenständen (Aktiva) eingesetzt wird, muss dem Unternehmen zur Verfügung stehen, bis es sich amortisiert. Beim Umlaufvermögen darfst du davon ausgehen, dass es schnell verbraucht und als fertige Produkte oder als Handelswaren weiterverkauft wird. Vorräte generieren also kurzfristig Zahlungsströme, die in das Unternehmen zurückfließen – und damit Liquidität. Die für die Finanzierung benötigten Mittel müssen nur kurzfristig zur Verfügung stehen, weil du sie zeitnah durch entsprechende Zahlungseingänge ausgleichen kannst.

Beim Anlagevermögen liegen dagegen andere Voraussetzungen für die Fristenkongruenz vor. Grundstücke, Gebäude und Maschinen werden für die Produktion der Güter und Dienstleistungen benötigt und verbleiben langfristig im Unternehmen. Ihre Amortisierung erfolgt über Jahre, manchmal über Jahrzehnte hinweg, über die planmäßige Abschreibung für Abnutzung (AfA). Über die im Anlagevermögen gebundenen Mittel muss ein Unternehmen deshalb über einen langen Zeitraum verfügen können. Müsstest du das Kapital für die Anschaffung aufgrund der Fälligkeit kurzfristig an den Kapitalgeber zurückzahlen, könnte das für dein Unternehmen ernsthafte Liquiditätsprobleme bedeuten.

Die goldene Bilanzierungsregel transformiert dieses Prinzip in berechenbare Kennzahlen.

Die goldene Bilanzregel als Kennzahl

Die goldenen Bilanzierungsregel lässt sich auf drei Bilanzkennzahlen herunterbrechen, die als

  • Deckungsgrade 1
  • Deckungsgrade 2
  • Deckungsgrade 3

bezeichnet werden. Welche Formel du verwendest, hängt davon ab, welche Kapitalquellen du als langfristige Finanzierung ansiehst.

Goldene Bilanzregel: Deckungsgrad 1

Der Deckungsgrad 1 ist die goldene Bilanzregel im engeren Sinn und beschreibt das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Anlagevermögen. Dabei sollte der Quotient größer oder gleich 1 sein.

Deckungsgrad 1 = Eigenkapital / Anlagevermögen ≥ 1

Ist die vorstehende Forderung erfüllt, dann finanziert ein Unternehmen sein gesamtes Anlagevermögen mit Eigenkapital und ist diesbezüglich von Banken und anderen Kreditgebern unabhängig. In der Praxis verwenden viele Unternehmen nicht den Deckungsgrad 1, weil die Finanzierung größerer Anschaffungen ausschließlich über das Eigenkapital häufig nicht möglich ist.

Goldene Bilanzregel: Deckungsgrad 2

Der Deckungsgrad 2 berücksichtigt zusätzlich das langfristige Fremdkapital.

Deckungsgrad 2 = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen ≥ 1

Ist der Deckungsgrad 2 erfüllt, reicht das Eigenkapital des Unternehmens nicht aus, um das gesamte Anlagevermögen zu finanzieren, ihm steht aber genügend Fremdkapital zur Verfügung, zum Beispiel Bankdarlehen oder Hypotheken. Die langfristige Finanzierung ist in diesem Fall gesichert. Das Unternehmen ist aber von externen Geldgebern abhängig. Der Deckungsgrad 2 wird deshalb auch als silberne Bilanzregel (oder auch: Finanzierungsregel) bezeichnet. Banken orientieren sich bei ihren Entscheidungen über Finanzierungen häufig am Deckungsgrad 2.

Goldene Bilanzregel: Deckungsgrad 3

Diese weite Auslegung der Anlagendeckung bezieht auch das langfristige Umlaufvermögen ein.

Deckungsgrad 3 = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / (Anlagevermögen + langfristiges Umlaufvermögen) ≥ 1

Zum langfristigen Umlaufvermögen zählen insbesondere die Vorräte deines Unternehmens. Ist das Ergebnis dieser Rechnung größer als 1, bedeutet dies, dass dein Unternehmen selbst dann nicht in Bedrängnis kommt, wenn bei kurzfristigen Finanzierungen die Fälligkeit eintritt, weil deine Vorräte langfristig finanziert sind.

Berechnung der goldenen Bilanzregel am Beispiel

Schauen wir uns an einem Beispiel an, wie man das die drei Deckungsbeiträge konkret berechnet. Die mit der Bilanz des Jahresabschlusses 01 identische Eröffnungsbilanz des Jahres 02 der Muster-GmbH zeigt folgende Struktur:

Aktiva Passiva
Anlagevermögen 1.000 Eigenkapital 500
Umlaufvermögen 500 Fremdkapital 1.000
Vorräte 350 Pensionsrückstellungen 250
Forderungen aus L.&.L. 100 Verbindlichkeiten (> 1 Jahr) 300
Liquide Mittel (Kasse, Bank) 50 Verbindlichkeiten aus L.&.L. (≤ 1 Jahr) 450
Bilanzsumme 1.500 Bilanzsumme 1.500

Berechnung goldene Bilanzregel: Deckungsgrad 1

Die für den Deckungsgrad 1 relevanten Posten aus der Beispielbilanz sind: 

Aktiva Passiva
Anlagevermögen 1.000 Eigenkapital 500

Setzt man diese Werte nun in die oben genannte Formel ein, ergibt sich ein Deckungsgrad von 0,5.

Formel: Deckungsgrad 1 = Eigenkapital / Anlagevermögen ≥ 1

Deckungsgrad 1 = 500 / 1.000 = 0,5

Im Beispiel ist der Deckungsgrad 1 kleiner als 1. Die goldene Bilanzregel wird von der Muster-GmbH zu Beginn des Geschäftsjahres 02 also noch verfehlt. Das Unternehmen kann nun prüfen, ob für das kommende Geschäftsjahr Anpassungen erforderlich sind. Etwa aufgrund einer größeren Investition, die fremdfinanziert werden soll, da sich die Bilanzstruktur auf die Finanzierungskonditionen auswirken kann.

In diesem Fall würde etwa die Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in eine Stammeinlage den Deckungsgrad 1 verbessern. Das Unternehmen sollte aber erst noch einen Blick auf den Deckungsgrad 2 werfen, bevor es Maßnahmen erwägt. Da in Deutschland kaum ein Unternehmen der goldenen Regel genügt, entstehen allein wegen dieser Bilanzkennzahl in der Regel keine Nachteile.

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Berechnung goldene Bilanzregel: Deckungsgrad 2

Die für den Deckungsgrad 2 relevanten Posten aus der Beispielbilanz sind: 

Aktiva Passiva
Anlagevermögen 1.000 Eigenkapital 500
Pensionsrückstellungen 250
Verbindlichkeiten aus L.&.L. (≤ 1 Jahr) 450

Setzt man diese Werte nun in die oben genannte Formel ein, ergibt sich ein Deckungsgrad von 1,2.

Formel: Deckungsgrad 2 = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen ≥ 1

Deckungsgrad 2 = (500 + 250 + 450) / 1.000 = 1,2

Unter Berücksichtigung des langfristigen Fremdkapitals – dazu zählen neben den Pensionsrückstellungen alle Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr – erreicht das Unternehmen den Zielwert 1 bzw. überschreitet ihn sogar leicht. Die silberne Bilanzierungsregel erfüllt die Muster-GmbH somit.

Berechnung goldene Bilanzregel: Deckungsgrad 3

Die für den Deckungsgrad 3 relevanten Posten aus der Beispielbilanz sind: 

Aktiva Passiva
Anlagevermögen 1.000 Eigenkapital 500
Vorräte 350 Pensionsrückstellungen 250
Verbindlichkeiten aus L.&.L. (≤ 1 Jahr) 450

Setzt man diese Werte nun in die oben genannte Formel ein, ergibt sich ein Deckungsgrad von 0,89.

Formel:
Deckungsgrad 3 =
 (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / (Anlagevermögen + langfristiges Umlaufvermögen) ≥ 1

Deckungsgrad 3 = (500 + 250 + 450) / (1.000 + 350) = 0,89

Der Wert liegt in unserem Beispiel unter 1. Dies bedeutet, dass das Anlagevermögen und das langfristige Umlaufvermögen nicht vollständig durch eine langfristige Finanzierung abgedeckt sind, aber zumindest näherungsweise. 

Unterschied zwischen goldener Bilanzregel und Finanzierungsregel

Die goldene Finanzierungsregel, die auch als goldene Bankregel bezeichnet wird, konzentriert sich auf die Fristenkongruenz zwischen Kapital (Passiva) und Vermögen (Aktiva). Die goldene Bilanzregel hingegen berücksichtigt zudem die Herkunft der Mittel.

Auch die goldene Finanzierungsregel kann auf Kennzahlen heruntergebrochen werden. Bei langfristigem Vermögen lautet die Berechnungsformel wie folgt:

Langfristiges Vermögen / langfristiges Kapital ≤ 1

Als langfristiges Vermögen zählt das Anlagevermögen. Zum langfristigen Kapital gehören das Eigenkapital und das Fremdkapital, das dem Unternehmen länger als ein Jahr zur Verfügung steht.

Die entsprechende Formel für das Umlaufvermögens ist wie folgt definiert:

Kurzfristiges Vermögen / kurzfristiges Kapital ≥ 1

Das kurzfristige Vermögen ist hier mit dem bilanziellen Umlaufvermögen gleichzusetzen. Zum kurzfristigen Kapital zählt das Fremdkapital, das dem Unternehmen maximal ein Jahr überlassen wird, also insbesondere Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, kurzfristige Darlehen aller Art sowie Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern.

Rechenbeispiel für die goldene Finanzierungsregel

Kommen wir noch einmal auf unsere Strukturbilanz zurück:

Aktiva Passiva
Anlagevermögen 1.000 Eigenkapital 500
Umlaufvermögen 500 Fremdkapital 1.000
Vorräte 350 Pensionsrückstellungen 250
Forderungen aus L+L 100 Verbindlichkeiten (> 1 Jahr) 300
Liquide Mittel (Kasse, Bank) 50 Verbindlichkeiten aus L+L (≤ 1 Jahr) 450
Bilanzsumme 1.500 Bilanzsumme 1.500

Die erste Forderung der goldenen Bankregel lautet wie folgt:

1.000 / (500 + 250 + 300) = 0,95 ≤ 1

Die goldene Finanzierungsformel ist somit erfüllt. Die zweite Forderung muss nicht separat überprüft werden, da sich die beiden Formeln gegenseitig bedingen. Das gilt zumindest für Unternehmen, die der Bilanzierungspflicht unterworfen sind und die kaufmännische Rechnungslegung anwenden.

Kritik an der goldenen Bilanzregel

Die goldene Bilanzregel ist zwar ein guter Anhaltspunkt dafür, ob ein Unternehmen solide finanziert ist oder Liquiditätsschwierigkeiten drohen, allerdings ist die Kennzahl isoliert betrachtet auch mit Vorsicht zu genießen. Kritisch zu sehen sind etwa diese Punkte:

  • Da sich deutsche Unternehmen überwiegend durch Gewinnthesaurierung und Bankdarlehen finanzieren, reicht für sie eine Eigenkapitalquote von 20 bis 30 Prozent im Regelfall aus. Die wenigsten erfüllen die goldene Bilanzregel im engeren Sinn, sind aber dennoch nicht von Liquiditätsproblemen bedroht.
  • Selbst wenn die silberne Bilanzregel und die goldene Finanzierungsregel erfüllt werden, kann ein Unternehmen von einer Insolvenz bedroht sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn hohen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen nur geringe liquide Mittel gegenüberstehen.
  • Die Aufnahme von Fremdkapital kann die Rentabilität des Eigenkapitals positiv beeinflussen (Hebel- oder Leverage-Effekt). Voraussetzung dafür ist lediglich, dass die Gesamtkapitalrendite des Unternehmens höher ist als der Fremdkapitalzinssatz. Die Eigenkapitalrendite steigt dann, auch wenn Investitionen ausschließlich schuldenfinanziert werden. Dies spiegelt sich in der goldenen Bilanzregel nicht wider.

Häufig gestellte Fragen zur goldenen Bilanzregel

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